Das erstaunliche Leben des Walter Mitty
Beim Titel musste ich erstmal schlucken.
Nicht noch so ein “erstaunliches”, “wundersames” und “eigenartiges” Leben! Dabei musste direkt an das ewig langgezogene, schräge Drama des “Benjamin Button” denken und an Timothy Green, den ich auch eher so mittelmäßig bis ziemlich vorhersehbar fand. Mein Mann war skeptisch, weil Ben Stiller in der Hauptrolle doch sonst eher für Klamauk und Albernheiten zuständig ist und in diesen doch immer ziemlich ähnlichen Rollen mitunter ziemlich auf die Nerven gehen kann…
Aber schon spätestens nach den ersten 5 Minuten war ich ziemlich begeistert, nämlich, als Walter zum ersten Mal in einen seiner Tagträume abdriftete, mit Witz und dennoch Ernsthaftigkeit.
Walter Mitty ist nämlich kein bisschen erstaunlich.
Und auch kein glänzender Held – sondern eher ein langweiliger, farbloser, schüchterner und pflichtbewusster Mann mittleren Alters, der in einem Fotoarchiv eines großen Magazins arbeitet. Er ist so schüchtern, dass er noch nicht einmal seine Kollegin, die er ganz nett findet, auf einen Kaffee einladen kann und lange darüber grübelt, ob er sie über eine Online-Partnersuche anzwinkern sollte. Er grübelt scheinbar grundsätzlich viel zu sehr über die passenden, schlagfertigsten und witzigsten Antworten nach, so dass er am Ende doch nur schweigend da steht, statt seinem neuen Chef, der das Magazin umstrukturieren (=Leute entlassen) soll, auch nur die einfache Frage nach seiner Position im Unternehmen nennen zu können. Und wer kennt das nicht von sich, dass man im Kopf gerade die Welt rettet und sämtliche Symphatien auf seiner Seite hat, aus dem Mund aber nur so gut wie gar nichts herauskommt?
Schnell wird klar, dass die letzte gedruckte Ausgabe des Life-Magazins bevorsteht, ehe Mittys Arbeitgeber Leute entlassen wird und nur noch ein Onlinemagazin unter vielen werden soll. Der bekannte und berühmte Fotograf Sean O’Connell lässt in blumigen Worten ausrichten, welches seiner Fotos für den wichtigen Titel der letzten Ausgabe vorgesehen ist. Das wichtigste, beste, ein ganz besonderes wird es sein. Leider ist das Bild im Fotoarchiv unauffindbar – und Walter Mitty stellt sich seiner Pflicht, herauszufinden, was es mit diesem Bild auf sich hat. Anders als bei seinen Tagträumereien zweifelt er nicht lange daran, dass er den immerzu reisenden, phantomartigen Fotografen auffinden muss, um das Bild zu finden.
Ab hier beginnt Walter Mittys erstaunliche Reise mit wunderschönen Landschaftsbildern, kleinen, leisen Gags, toll inszenierten Ideen – unterlegt mit großartiger Musik. Da Walter Mitty nun ein Ziel hat und ersteinmal außer Frage steht, dass er seinen Job (dieses Negativ finden) ordentlich erledigen möchte, kann er plötzlich auch viele Dinge machen, über die er im Vorfeld so lange nachgegrübelt hätte, dass er sie doch nicht getan hätte. Auch das kennt wohl jeder von sich… Schön anzusehen ist auch, wie aus dem grauen Mäuserich in Hemd und mit Aktentasche im Zuge des Films ein unbekümmerter Mann mit Dreitagebart und Sweatshirt wird. Mehr will ich dazu nicht verraten – ihr sollt euch den Film ja selbst anschauen.
Die Schauspieler könnten passender nicht sein – der ekelhafte, selbstgefällige Chef, Mittys treuer Kollege im Archiv, die nette Cheryl, die Walter sich nicht anzuschreiben getraut, und mit der er dann von ganz alleine durch die Arbeit ins Gespräch kommt bis hin zum betrunkenen Hubschrauberpiloten und nicht zuletzt Mitty selbst, den Ben Stiller ganz ohne Albernheiten, aber dennoch mit Witz spielt.
Das Ende ist ein wenig vorhersehbar, aber dennoch nicht verkehrt!
Mein Fazit?
Schönster Film 2014, 2013 und überhaupt. So!
Für alle, die kein Mega Action-Gerödel, spritzendes Blut, Drogen und menschenverachtende Sprüche brauchen, keine Raumschiffe und Laserschwerter erwarten, sowie Highheels, Models und Beziehungskisten genauso satt haben wie ich. Schöne Bilder und tolle Kameraeinstellungen haben mich direkt in den Film gewünscht, um dort mit zu fotografieren …
Nach dem Film mussten wir uns erstmal einlesen, ob José Gonzales da doch unbemerkt einfach so ein neues Album heraus gebracht hat (hat er nicht), und ich kaufte mir den Soundtrack, der seither (Oktober?) hier wirklich rauf und runter läuft und mich bei jedem Mal hören von Neuem daran erinnerte, doch endlich mal über diesen grandiosen Soundtrack und wunderschönen Film zu schreiben. Das Ende vom Lied? Ich bin nun auf der Suche nach Konzertkarten zu José Gonzales und habe den Film nun schon 3 mal geschaut :o)
Übrigens gar nicht unbedingt die schlechteste Idee, den Film ein paar Mal zu schauen, so fallen auch immer mehr Kleinigkeiten auf…
Ich finde den Film auch toll! Habe ihn 2mal gesehen und beim zweiten Mal irgendwie noch besser gefunden.
Liebe Grüsse Martina