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Kamikazefliege

Kindergartenfotografie – oder “spektakulär-zauberhafte high-end-fine-art-Dumpingpreisfotos mit glitzerndem Einhornstaub, die alle glücklich machen sollen”

16/07

Mein Sohn kommt erst im September in den Kindergarten. Für mich steht jetzt schon fest: Ich werde sicherlich niemals Kindergartenfotos da anbieten, wo mein Sohn täglich hin geht. Und auch so: Ich werde wohl keine Kindergartenfotos mehr anbieten. Wie es dazu kam und was ihr Eltern von Kindergartenfotografen wissen solltet, wie die andere Seite aussieht und wie es mir erging, habe ich Euch hier aufgeschrieben.

 Mein erstes Mal als Kindergartenfotografin

Wie ihr vielleicht wisst, bin ich seit 2008 nebenberuflich als Fotografin selbständig. Nun in der Elternzeit konzentrierte ich mich nur noch auf die Fotografie und wage ab September den Schritt in die komplette Selbständigkeit als Fotografin. Ich fotografiere Babys, Kinder, Familien, Schwangere, Hochzeiten und alles, was da vielleicht nicht ganz hineinpasst. Ich freue mich über neue Ideen und schrecke auch vor neuen Herausforderungen selten zurück.

Es gibt also für alles ein erstes Mal. Eine Kundin trat an mich heran, ob ich nicht auch Kindergartenfotografie anbieten würde. Ich überlegte, kalkulierte, erstellte ein Angebot und dachte. Klar, wer Kinder mag, muss Kindergärten lieben, also, los geht’s! Ich setzte mich unter Mitbewerbern durch – und freute mich. Natürliche Kindergartenfotografie bot ich an, ich wies auf meinen Stil hin und der Elternbeirat mochte mich. Mit viel Liebe zum Detail plante ich das Fotografieren im Kindergarten, erstellte mit meinem Mann zusammen nächtelang geeignete Mappen, verglich USB – Sticks und Preise, druckte Infoblätter, schrieb Texte für Beileger und Briefe an die Eltern, schaute mir zuvor die hübsche Wiese hinterm Kindergarten mit dem Kirschbäumchen an, und platzierte in Gedanken schon die Kinder auf dem hohen Gras. Ich wollte es richtig machen, und richtig schön.

 

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Akzeptiere die Gegebenheiten – und stecke noch mehr Liebe ins Detail

Als ich dann zum Termin kam, fand ich statt der saftigen hohen Wiese leider ein abgemähtes Stoppelfeld vor und ich war sehr froh, im Auto noch meinen kleinen Kinderstuhl sowie mein Kinder-Zelt zu haben, womit ich aus der braunen Wieso noch irgendwas machen konnte. Natürlich hin oder her – das hätte einfach nur trostlos ausgesehen, finde ich. Das Fotografieren war wie erwartet anstrengend, weil warm, aber  es machte Spaß, all die netten Kinder, kaum eines, das sich schwer tat oder nicht nach ein bisschen erzählen warm wurde. Es lief soweit reibungslos. Hier und da wollte mal ein Kind nicht lächeln, aber mit ein paar gezielten Fragen war das meist auch okay. Ein Kind länger zu “quälen” wollte ich aber auch nicht, und ich selbst will auch nicht auf Kommando lachen. Manche Erzieherinnen wollten sich schließlich auch nicht fotografieren lassen. Dann muss das von Kindern auch nicht erwarten. Ich verbrachte Abende mit dem Bearbeiten, Bestellen, Sortieren der Kinder in die Mappen, mit dem Zuordnen von Gesichtern zu Gruppenbildern, steckte wie immer (zu viel!) Liebe ins Detail, bis ich die Bilder dann stolz im Kindergarten abgab. Die Erzieher pickten zunächst ihre eigenen Fotos heraus und sagten dann, sie schauen später durch bzw sagen dann in den nächsten Tagen den Eltern Bescheid. Was sie von den Fotos hielten, sagte man mir leider nicht.

Erstes Feedback und Kindergarten-Flurfunk

Ich hatte später Anrufe und Nachrichten und Bestellungen für USB Sticks von sehr lieben Mamas, die begeistert von den Bildern waren. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Aber es gab eben auch die andere Seite. Ich habe ja einige Bekannte hier und dort im Kindergarten sitzen, da bekommt man schon einiges mit, obwohl ausdrücklich in den Mappen steht, dass man mich zu Fragen / Kritik kontaktieren soll sind das natürlich nur Aussagen, die man über den Kindergarten-Flurfunk “hintenrum” mitbekommt. Manchen gefiel mein Stil nicht, der Hintergrund sei zu unscharf, die Köpfe abgeschnitten (übersetzt heißt das wohl, dass ich Gesichter angeschnitten habe, was eine Frage des Stils und der Bildwirkung ist, aber ich muss mich diesbezüglich ja nicht rechtfertigen, die einen mögen’s, die anderen nun mal nicht) – oder die Farben zu warm.

Kinderfotografie Bruchsal

Kinderfotos sind erstrecht mit angeschnittenem Kopf, unperfekter Frisur und unscharfem Hintergrund reizvoll. Finde ich. Und eine handvoll andere Eltern. Aber eben nicht alle.

Natürlich ja, aber bitte lachend und in gewohnter Iphone-alles-scharf-Qualität.

Tja, was soll ich da sagen? Es ist klar, dass man es nicht allen recht machen kann, aber schade, dass man beim eigenen Geschmack eben oft nicht verstehen kann, dass es anderen gefallen könnte. Es ist einfach unmöglich, 72 (?) Elternpaare zufrieden zu stellen. Wer natürliche Bilder möchte, sollte keine Studioaufnahmen mit Blende 11 erwarten. Klar, jeder erwartet und sieht unter einem Begriff etwas anderes. Das kann ja irgendwie auch nur schiefgehen, bei aller Liebe zum Detail und für herzige Kindergesichter, die ich auch grummelnd oder skeptisch hübsch fand, und auch von den Erzieherinnen hörte: Genau so ist er / sie eben! Und ich persönlich shee mein Kind am liebsten so, wie es ist… Und nicht wie ein Werbemodel für Zahnpasta. Aber auch hier sind Erwartungen und Möglichkeiten eben zwei unterschiedliche Dinge. Am meisten geschimpft oder unglücklich waren leider die Eltern, für die ich extra viel Zeit investiert habe. Weil nicht alle Fotos dabei waren. (wie gesagt, es gab die Option, den USB Stick zu kaufen. Manche bekamen 1-2 Bilder mehr, weil ich sie kannte, oder sie mir Nachmittags ein Eis brachten oder die Kinder so lieb waren, aber da wurde natürlich auch gemeckert, wenn man eben KEIN Geschenk bekommen hat. Also bleibt gar keine andere Möglichkeit, als dass ich es falsch mache.

  • Mama XY ein Bild mehr als ich für denselben Preis! (dass ich nicht schenken soll habe ich durch meine Fotoaktion also leider auch gelernt.).
  • Die Geschwistermappe ist zu günstig, das ist unfair. (das ist nämlich auch nicht okay. zu günstig ist doof und zu teuer auch. Dass ich nicht wollte, dass Eltern mit mehreren Kindern 100€ bezahlen mussten, ist scheinbar auch ein Fehler gewesen.)
  • Wieso sitzt das Kind auf einem Stuhl, wo es doch natürliche Bilder sein sollten? (Weil ich den, der den Rasen gemäht hat, leider nicht ausfindig machen konnte, um ihn als Requisit zu benutzen.)
  • Es wurden so viele Bilder gemacht aber es sind nur 2 in der Mappe! (weil man die restlichen dazu kaufen konnte, wie ich mehrfach geschrieben habe.)
  • Wieso lacht mein Kind nicht? (weil ich eine fremde Frau bin und es auch mit Hilfe der Erzieherinnen, die leider auch nicht die ganze Zeit dabei waren,  einfach nicht sein sollte. Und weil ich Kinder ungern zu etwas zwinge… Oder weil ich versucht habe, ihnen mit Fragen zur Lieblingssüßigkeit oder Lieblingsspielzeug eine fröhliche Antwort mit Lächeln zu entlocken, die aber stattdessen unreflektiert von den davorstehenden Eltern beantwortet wurde….)
  • Das Bild ist zu hell / zu dunkel / zu sonnig / zu groß / zu klein
  • Die Köpfe sind ja abgeschnitten! (wer sich mit meinem Stil befasst hat oder gar vorab die Chance wahrnahm und sich durch meine Galerie klickte, sieht, dass ich andauernd Köpfe AN(!)schneide, was etwas mit Bildwirkung, Schnitt und Stil zu tun hat. Ich bin müde, es zu erklären, vor allem wenn es mit nachfolgender Aussage zusammentrifft).
  • Die Härte fand ich allerdings: Wieso ist der Hintergrund so unscharf? Dazu muss ich gar nicht erst was sagen, aber das sagte mir halt schon alles.Nächstes Mal mit der Iphonekamera bekomme ich bestimmt alles scharf.

Dieses Feedback erreichte mich übrigens einen Tag, nachdem ich beim Contest der Vereinigung deutschsprachiger Kinderfotografen 2x in den Top 10 und 1x in den Top 20 platziert wurde. Ganz so schlimm scheint es also doch nicht um meine Arbeit bestellt sein. Nicht, dass ich daran gezweifelt hätte, aber natürlich macht so ein Gerede schon traurig, gerade wenn man so viel Leidenschaft hineingesteckt hat.

Kinderfotografie Bruchsal

Mein Sohn darf als Beispielbild herhalten. Auch er lacht nicht und niemals auf Kommando. Und aufgeschlagene Knie hat er auf dem Foto auch noch. Dabei müssen Kinder doch scheinbar immer perfekt sein!

Nächstes Mal wird alles besser, vielleicht verschenke ich dann Bobbycars.

Tja, was soll ich sagen? Nein, ich hatte ja auch einige positive Rückmeldungen. Also prinzipiell erreichten mich persönlich NUR die positiven Nachrichten, die mich sehr gefreut haben. Aber man befasst sich natürlich in erster Linie mit dem Negativen. Nächstes Mal vielleicht einen Kontaktabzug dazu legen mit den Bildern, die ich pro Kind noch habe. Das sind für mich in dem Fall aber auch 75 Drucke mehr, die ich preislich wieder aufschlagen muss. Und schon bin ich wieder “viel zu teuer”. Nächstes Mal, nächstes Mal. Ich habe überlegt, wieso eigentlich? Wieso tue ich mir das an? Es ist klar, dass ich es nicht allen recht machen kann, und genau das will ich nicht.

Es ist doch so: Eltern, die ihre Kinder normalerweise von mit fotografieren lassen, zahlen gerne (!) das 10-fache. Nicht weil ich so irre teuer bin, sondern weil der Kindergarten so irre billig war. Denn das ist ja klar, genommen wird nur der Fotograf, der spottbillig ist, und dazu auch noch traumhafte Bilder anbietet. Oder wie bei einer Freundin im Ort den Kindergarten illegaler Weise auch noch mit Geschenken besticht (ein Bobbycar für die Einrichtung! Wie schäbig ist das denn!!!). Jedenfalls: Kunden, die mich für “große” Shootings buchen, beschweren sich nie, dass ich zu lang, zu kurz, zu komische Posen oder sonst was von ihnen wollte. Für die nehme ich mir Zeit, die es braucht, ihre Kinder natürlich zu erwischen. In Ruhe. Ohne andere oder gar wartende / tratschende Eltern vor ihnen, sondern ausgelassen und spielend, fröhlich und nicht mit dem Kommando “lach doch bitte, bitte mal, dann gibt’s auch ein Eis”. Kinder sind keine Maschinen und ein ehrliches Lachen kann man nicht erzwingen. Schon gar nicht, wenn man 80 Kinder an 2 Tagen durchfotografiert und eben keine halbe Stunde pro Kind Zeit hat. Auch wenn die Fotografin das im Jahr zuvor wohl so gemacht hat – dann hätte ich andere Preise berechnen müssen, und wieder andere Eltern mit weniger Geld oder mehr Kindern dadurch benachteiligt. Ihr seht, ich bin zum Entschluss gekommen, dass man es nicht richtig machen kann.

Die Eltern, die zu mir kommen, weil sie MICH, meinen STIL und meine Bilder wollen, die zahlen den vollen Preis und sind danach immer (!) zufrieden, weil sie sich vorab mit mir und meiner Arbeit befasst haben, Bilder angesehen haben, meinen Stil kennenlernen wollten. Wieso also sollte ich mich künftig weiterhin wieder vor fremde Kinder knien, deren Eltern das vielleicht gar nicht so wollen, bei 35 Grad im Schatten, sie Spaghettiiii sagen lassen, damit die Eltern die Grinse Bilder bekommen die sie erwarten, so sehr ich auch “natürlich” auf meine Flaggen schreibe und überhaupt keine Kommandos zum Lachen geben möchte?

Natürliche Kinderfotos und Kindergarten – in meinen Augen ist das nicht vereinbar

Natürliche Kinderfotografie und Kindergartenfotografie lassen sich nicht vereinen. Und es lassen sich nicht alle Eltern mit einem Stil zufrieden stellen. Eben. Es ist halt, wie bei allem auf der Welt, Geschmackssache. So wie ich keine Bilder vor blaumarmorierten Hintergrundstoffen anbiete, so gefällt das aber halt dem einen oder anderen. Was das mit den einzelnen macht, wenn man seinen persönlichen Geschmack als “gut” und alles darum herum als “schlecht” ansieht, ahnen wohl nur die wenigsten.

Ich habe anschließend einen weiteren Kindergarten fotografiert, dieses Mal bei 39 Grad im Schatten 😉 Die Organisation lief durch die Leitung und nicht den Elternbeirat, ich hatte das Gefühl (das kann mich ja auch täuschen, aber so war es eben!), alle freuten sich ein bisschen mehr auf die Bilder, von Kindern bis zu den Erzieherinnen, die es zum Teil kaum erwarten konnten fotografiert zu werden. Die Bilder habe ich nun erst ganz frisch abgegeben und die Resonanz wird mich erst in den nächsten Tagen treffen. Die Erzieherinnen schienen jedoch mit dem Ergebnis zufrieden und ich hörte nicht nur einmal “ganz anders, aber toll!”. Was die Eltern zu sagen haben, werde ich erst in den kommenden Tagen sehen.

Aber für mich steht leider so oder so schon fest: Ich biete wohl keine Kindergartenfotografie mehr an. Es war ein Versuch und ich finde, ich habe das richtig gut gemacht, aber es tut mir nicht gut. Wie man es macht, bleibt irgendjemand auf der Strecke – für die einen der Stil, für die anderen der Preis, für wieder andere der Hintergrund oder fehlende Klebebildchen und Schlüsselanhänger-Gimmicks, die es bei mir nunmal niemals geben wird, weil ich von diesem Kitsch eben nichts halte.

Und für Euch, liebe Eltern?

Ich kann nur an alle Eltern apellieren: Fragt vielleicht erstmal den Fotografen nach dem, was dahintersteckt, wenn ihr mit etwas unzufrieden seid. Nutzt die Gelegenheit, ihm persönlich zu sagen, was euch nicht gefällt, damit er es besser machen kann, anstatt nur zu tratschen. Habt Verständnis und erwartet keine eierlegende Wollmilchsau oder durch eine Fremde erstellte, natürlich aber schön herzlich lachende Fotos eines fremdelnden 3 jährigen in 2 Minuten für unter 10€, dazu Geschenke, aber nur für die richtigen Personen, eine kühle Brise und keine Sonne – das geht nämlich schlichtweg nicht, auch wenn sich der Fotograf sicher bemüht hat, Euch alle glücklich zu machen. Bucht lieber ein entspanntes Familienshooting im Freien, meinetwegen auch im Studio bei einem Fotografen, dessen Stil Euch anspricht und dessen Bilder Euch gefallen, anstatt unzufrieden irgendwelche Mappen mit Blumentöpfen (gibts wohl wirklich, hab ich mir erzählen lassen) oder Schlüsselanhängerchen zu kaufen, die Euch als gratis-Geschenk versprochen werden, in Wirklichkeit aber nichts weiter als Werbemaßnahmen sind… Besprecht im Elternbeirat oder mit der Leitung Eure Wünsche und Ideen, aber bleibt auf dem Boden der Tatsachen und schiebt niemandem ie Schuld in die Schuhe, dass Eure Kinder nicht auf Knopfdruck natürlich lachen können. Ihr könnt das auch nicht!

 

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Filed Under: Erlebnisse, erste Male, fotos, Kamikazefliege, Kindergarten

zweiunddreißig

26/04

Früher wollte ich immer 32 sein. Ich war 15, und der Sänger einer Band, die ich mochte, war 32. Ich fand es unfair, dass ich noch so jung war und alle dachten, mit 15 sei man naiv und interessiere sich nur für Take That oder Schminke. Ich glaubte, mit 32, da ist man erwachsen und hat immer den selben Haarschnitt, weil man weiß was einem gefällt und braucht keine Kleider mehr zu kaufen, denn man hat ja dann einen Stil und verändert sich nicht mehr groß. Und ich glaubte, man trinkt gerne Sekt und belächelt die 15jährigen dieser Welt. Und man würde stets ernst genommen werden. Und dass alle 32 jährigen in einer Art Geheimbund waren und sich verstanden, nett zueinander waren und sich erwachsen fühlten. Alles was ich sein wollte: 32.

Ich habe gechattet, Metropolis hieß die Seite damals. Sie wurde in einer Computerzeitschrift empfohlen und war das erste, was ich damals ausprobiert habe. Eigentlich wollte ich gar keinen Computer, und als ein Mann, der schon immer gerne sein Halbwissen als allgemeingültige Wahrheit hinstellte, mir mit meinen 12 Jahren erklärte, dass man eine neue Sprache lernen müsse, um Computer bedienen zu können (die Computersprache nämlich) habe ich geweint und wollte gar keinen Computer haben. Ich wusste von schwarzen Bildschirmen und DOS – Eingaben, wie die, die mein Opa auf einer Liste stehen hatte, um das Bestellsystem in seinem Laden zum Laufen zu bringen. Fünfmal F4, Dann Enter, F8 usw. Druckte. Ich habe gerne gedruckt. Das hat so witzige Geräusche gemacht und auf das Papier konnte ich anschließend malen. Man musste eben nur die grünen Linien ausblenden, oder einfach einbauen. Aber was sollte ich mit so einem Teil?

Und dann hatten wir eben einen eigenen Computer. Ich war ganz schön erleichtert, dass wir den selbst anschließen konnten, und nachdem ich Kunstwerke in Paint gemalt hatte und ich es beim beiliegenden 3D-Spiel nicht weiter als zu Level 1 geschafft hatte, gab es irgendwann auch Internet.

Ich nannte mich schlagzeugerin32 weil ich ein paar Monate Schlagzeugunterricht hatte und der Meinung war, dass andere Sachen wie tanzen oder Vereine nix für mich sind. Lieber wollte ich kein Teeniemädchen sein, wenn das schon niemand nachprüfen konnte. Und mein Schlagzeuglehrer nahm mich auch halbwegs ernst, glaube ich. Immerhin bin ich heute noch auf Facebook mit ihm befreundet. Ich konnte mir eine Zukunft als Rockstar doch besser vorstellen als eine in Faltenrock im Büro. Die meisten Teeniemädchen fand ich nämlich oberflächlich, albern und doof. Rückblickend war ich nichts anderes, natürlich. Und wenn ich Filme sehe, die ich mit 15 im Landschulheim gedreht habe, dann ist das so peinlich, dass sich das niemand vorstellen kann. 15 eben! Die Leute im Chat dachten jedenfalls relativ lange, ich sei 32 und als ich einem, der zwar um mein Alter wusste, aber wohl noch immer das Bild einer Barbie im Kopf hatte das Schulfotografenfoto mit der Webcam abfotografierte, meldete er sich nicht mehr. Dann habe ich es auch bald sein lassen, 32 sein zu wollen und wurde stattdessen regulär 16 und 17 und vergaß die 32.

Tja, seit gestern bin ich 32. Aber ich mag noch immer keinen Sekt, Schlagzeug spiele ich leider nicht mehr. Faltenröcke trage ich zum Glück auch nicht, aber erwachsen fühle ich mich auch kein bisschen. Klar, wenn ich zum dritten mal sage, räum bitte endlich dein Zimmer auf oder die Augen verdrehe, weil Besuch es nicht hinbekommt, den Klodeckel zuzumachen. Oder wenn ich Mahnungen an Kunden schreiben muss oder Dinge regle wie Kindergartenplatzzusagen, Fahrradhelme kaufen, Kalender nicht verlieren oder Einkaufszettel schreiben -da denke ich schon, dass ich ein bisschen mehr erwachsen bin als zum Beispiel noch ohne Kind. Oder ohne Ausbildung. Oder ohne Schulabschluss. Und so weiter.In einem Geheimbund wo sich alle grüßen bin ich auch nur, wenn ich in meinem Auto sitze, denn wenigstens PT Cruiser-Fahrer grüßen sich gegenseitig.

Aber dass ich mal verheiratet bin und ein Kind habe, konnte ich mir nicht vorstellen.  Klar, ich wollte immer Kinder, aber wie das sein wird oder wann oder mit wem? Sowas habe ich mir eigentlich nie ausgemalt. So konnte ich es mir schon sparen, auf Boyband- Konzerten Plakate mit “ich will ein Kind von dir” hochzuhalten.

Auf jeden Fall ist alles prima so. Also 32 zu sein, meine ich. Und so, wie es ist.Und 15 will ich wirklich nicht mehr sein.

Ich bin auch keine von denen, die ihr Alter nicht verrät oder nicht gerne älter wird. Klar, irgendwann wäre es schon nett, wenn es aufhören würde, dieses älter werden. Ich habe früher immer gedacht, ich sei eine Ausnahme. Bei allem. Und bis ich älter wäre, sei bestimmt auch etwas gegen das Altern erfunden. Leider hat das aber scheinbar doch noch keiner erfunden. Okay, wenn man manchen Verschwörungstheorien glaubt, ist Keanu Reeves zum Beispiel unsterblich. Aber man kann halt nicht alles haben. Kein Ding, mit meinen Falten kann ich umgehen, und ich habe nicht das Bedürfnis, ewig jugendliche Haut zu haben. Oder wie ein wandelndes Skelett mit zurückgetackerter Haut mit 60 behaupten, ich sehe aus wie 40. Das tut keiner, und die, die es zwanghaft versuchen, tun mir eher leid. Das einzige, was ich mir mit Photoshop manchmal wegretuschiere sind Speckrollen am Kinn oder Bauch, aber meine wenigen Falten und besonders die Lachfalten sind echt okay.

Wie auch immer, was ich ursprünglich sagen wollte: Vielen Dank für all die lieben Nachrichten, Glückwünsche und so weiter. Es hat mich so gefreut, wer alles an mich gedacht hat, und auch halbwegs unbekannte Menschen, die mich vom Blog oder Twitter kennen, waren so lieb und herzlich. Danke!!!

Ich probiere das jetzt mal ein Jahr lang aus, dieses zweiunddreißig sein.

 

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Filed Under: Geburtstag, Kamikazefliege, Privates

Erwachsene Dinge

17/02

 

Dinge, die ich diese Tage zum ersten Mal gemacht habe, fühlen sich so erwachsen an. Wie grübelnd saß ich nun vor diesem Eintrag, fing an und strich die Sätze wieder, überlegte, ob es zu privat ist, fing doch wieder an, …also. (Also ist immer gut!)

Da war die Anmeldung im Kindergarten, die wir zwar schon voriges Jahr erfolgreich gemacht hatten, nun aber offiziell noch den Aufkleber der Stadt hin bringen mussten (ich weiß nicht, ob das so ein regionales Ding ist, aber hier wird das jedenfalls so gemacht). Danach wusste ich die Kindergartenzeiten und nahm ein Kind mit, das eigentlich gar nicht mehr mit nach Hause wollte und auch die Erzieherin gleich belehrte. (“schau, wir haben hier auch ein Feuerwehrauto” – “Das keine Feuerwehrauto, das ein Drehleiterfahrzeug.”) Okay, das ist jetzt noch nicht unbedingt eine Sensation, aber für mich doch etwas endgültiges, den Kindergarten als unseren bestätigt zu wissen. Man hat uns so nett dort empfangen und ja, ein Sommer noch, dann geht es los.

Dann war da noch einen Termin bei meinem Chef, denn im September wird die Elternzeit zu ende sein. Ich bat um einen Termin, und weil ich “ich” bin, stellte sich heraus, dass der Termin total falsch war und ich eine Woche zu früh da stand. Also war der Chef nicht da – dafür aber viele Kollegen und eine sehr eigenartige Stimmung – vielleicht auch einfach, weil sie nicht so war wie früher, oder auch, weil man sich nichts mehr groß zu erzählen hatte und nach “wie gehts euch” eiegentlich auch alles schon gesagt war. Was mich wirklich auch traurig stimmte, denn mein Abschied damals fiel mir auch nicht gerade leicht (hauptsächlich auch, weil ich mir genau das ausmalte, dass nichts mehr so sein wird.). Wie auch immer, dieser meinerseits verpeilte Termin hat mir dann eigentlich bestätigt, was ich zuvor leise ahnte und dachte.

Im Gespräch mit den Liebsten und Wichtigsten stand dann auch bald fest: Nein, ich werde nicht zurückkehren, aus so vielen Gründen. Da sind Aspekte wie Kindergartenzeiten, Fahrtzeiten, Art der Arbeit und Belastung, die der Job mit sich bringt. Und nicht ganz unwesentlich natürlich auch das, was sich in der Elternzeit bei meinem “Nebengewerbe” alles getan hat und aktuell tut – denn auch hier haben sich für mich Türen geöffnet, so dass alles eigentlich schon alles mit neonfarbenen Pfeilen auf “mach es!” hindeutete.

So war ich gestern also beim “richtigen” Termin mit meinem Chef und habe dort (mit fieberndem Hustenkind auf dem Schoß) besprochen, dass ich mir eine Rückkehr nicht vorstellen kann. Und dann war es raus und ich doch nicht unwesentlich unbeschwerter! Und alles drumherum hat dabei bestätigt, dass es richtig ist.

Also: Ich versuche es, nein, das ist zu vorsichtig. Also: Ab September bin ich Selbständige. Ohne “Hauptjob” und ohne “ja, aber eiiigentlich habe ich noch einen Job”, ohne zwischen den Stühlen zu sitzen und so weiter – ohne doppelten Boden, sofern man das so sagen kann, denn mein Mann ist generell und sowieso und bei allen Bereichen mein fünffacher oder achtfacher Boden.

Was das für mich nun alles heißt? Herumtelefonieren. Unternehmensberatung, Arbeitsamt, Existenzgründungsblabla, Steuerberater, Versicherungen, vergleichen und überlegen, entscheiden und planen. Es ist toll, nun eine Richtung zu haben, die ich Anfang des Jahres noch nicht wusste.

Das wird alles.

 

 

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Filed Under: Alltag, erste Male, Hurra :), Kamikazefliege, Kindergarten, Privates

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